Was versteht sich unter Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie?
Analytische Psychotherapie ist eine der vier in Deutschland derzeit anerkannten Psychotherapie- Behandlungsverfahren (neben tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie, Verhaltenstherapie und systemischer Familientherapie), die wissenschaftlich fundiert sind und deren Kosten von den Krankenkassen übernommen werden. Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie geht davon aus, dass unverarbeitete seelische Spannungen und Konflikte zu seelischen und körperlichen Krankheitssymptomen führen. Um diese Krankheitssymptome dauerhaft zu behandeln müssen diese ursächlichen innerseelischen Probleme bearbeitet werden. Die Wurzeln unverarbeiteter seelischer Probleme liegen häufig in prägenden Erfahrungen der frühen Kindheit. Ausgelöst können sie durch ein aktuelles schwieriges Problem, eine Krise (z.B. Trennung der Eltern, hohe berufliche oder private Belastung der Eltern) oder eine Schwellensituation werden (z.B. Schulanfang, Umzug, Berufsbeginn). Manchmal erinnern sich die Eltern, dass das Kind/der Jugendliche auch früher schon phasenweise zu bestimmten Verhaltensweise neigte, die auf seelische Belastung oder Störung hindeuten (z.B. Weinerlichkeit, übermäßiger Trotz, Daumenlutschen, Nägelbeißen, Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Ängstlichkeit, Stottern oder fehlendes Gefahrenbewußtsein). Die Symptome des Kindes weisen darauf hin, dass innere und äußere Konflikte bestehen, die nicht selber und auch nicht mit Hilfe der Eltern allein gelöst werden können. Je länger die Symptomatik anhält, desto mehr kann sich das Familienklima verändern und die Eltern können sich verunsichert fühlen. Es können Schuldgefühle entstehen („Hab ich was falsch gemacht?“) oder Ärger („Wieso kann mein Kind nicht wie andere Kinder auch sein?“). Auch das Kind fühlt sich dabei oft schuldig, denn es will ja nicht absichtlich Ärger und Sorgen bereiten, sondern es geschieht einfach. Aufgabe der Analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie ist deshalb mit Patient und Eltern gemeinsam die unbewussten Spannungen und Konflikte, die hinter den auffälligen Verhaltens- und Erlebensweisen stehen, aufzuarbeiten.
Wie geht Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie vor?
Im analytischen Behandlungsverfahren geht die Therapeutin davon aus, dass das Kind inneren Konflikte, Probleme sowie seelische Not im spielerischen Gestalten ausdrückt. Beim Gestalten im therapeutischen Sandspiel, bei der Beschäftigung mit Spielmaterialien, Farben, Ton, usw. kann das Kind seine Phantasien, Geschichten und Träume aber auch seine Bedürfnisse, Ängste, Schwächen und seelische Verwundungen zum Ausdruck bringen. Jugendliche reden in der Regel eher über ihre Probleme, malen oder gestalten aber auch gelegentlich gerne. Das Dargestellte des Kindes muss in einem verstehenden Setting wahrgenommen (szenisches Verstehen), ernst genommen und „mitgefühlt“ werden. Das Kind soll dabei erfahren, dass es selbst „in Ordnung“ ist. Der therapeutische Schutzraum, in dem es wenig Leistungsanforderung, Bewertung oder Strafen gibt, soll dem Kind dabei die Möglichkeit bieten eigene Fähigkeiten und Stärken zu entwickeln und das Selbstbewusstsein sowie die Selbstwirksamkeit zu fördern. Je älter das Kind ist, umso mehr wird es auch darum gehen sich mit den Anforderungen der sozialen Umwelt auseinanderzusetzen.
Begleitende Bezugspersonengespräche
Die Psychotherapie des Kindes führt langfristig zu einer Entlastung der Eltern bezüglich der Symptomatik des Kindes oder der familiären Probleme. Phasenweise können während des therapeutischen Prozesses jedoch bei den Eltern Ängste, Unsicherheiten oder Auseinandersetzungen mit eigenen unverarbeitete Lebensthemen entstehen. Auch resultieren aus der Psychotherapie des Kindes Veränderungen im Alltag und im Umgang miteinander, mit denen die Eltern sich konfrontiert sehen. In den begleitenden Bezugspersonengesprächen besprechen die Therapeutin und die Eltern (bzw. andere bedeutsame Bezugspersonen) diese auftauchenden Themen und versuchen die Entwicklung des Kindes (gezeigte Symptome, Verhaltensweisen) zu verstehen und damit adäquat umzugehen. Der Erfolg einer Kinderpsychotherapie ist somit auch abhängig von der Bereitschaft der Eltern, Veränderungen in der Beziehung zum Kind und in der Familie zuzulassen. Dazu gehört, dass die Eltern es wagen, mit eigenen Schwierigkeiten (z.B.Probleme mit dem Ehepartner ) offen in den begleitenden Bezugspersonengesprächen umzugehen.
Welche Bereitschaft sollten Patienten und deren Familie mitbringen?
Sollten Kind und Eltern sich zu einer Psychotherapie entschließen, gehen sie mit der behandelnden Therapeutin einen Vertrag ein. Die Therapeutin sichert zu, alle Beteiligten so gut wie möglich zu verstehen und auf dem Weg zu einem positiveren Familienklima und zur Besserung der Symptomatik des Kindes einfühlsam zu begleiten und fachlich zu unterstützen. Selbstverständlich unterliegt die behandelnde Therapeutin der Schweigepflicht gegenüber jedem Beteiligten. Jedoch müssen auch der Patient und seine Familie über eine innere und äußere Bereitschaft zur Teilnahme an der Therapie verfügen, d. h. regelmäßig und aktiv mitarbeiten. Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie ist ein intensiver Prozess, der über mehrere Jahre gehen kann, also ist auch eine Bereitschaft zu einer gewissen Festlegung erforderlich. Dennoch ist die Therapie auf ein Ende angelegt und keine Begleitung auf Lebenszeit. Äußerliche Voraussetzung ist eine regelmäßige, kontinuierliche und damit auch in schwierigen Phasen Sicherheit verleihende Arbeit. Im Allgemeinen finden deshalb 1-2mal pro Woche eine Sitzung mit dem Kind und alle 2 bis 4 Wochen eine Sitzung mit einem oder beiden Elternteilen (oder anderen bedeutsamen Bezugspersonen), die jeweils 50 Minuten dauern, statt.
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